Selbstfürsorge: Egoismus oder unverhandelbare Notwendigkeit?

Sich um andere zu kümmern, hilfsbereit zu sein und sich gar aufzuopfern gilt fast schon als eine Tugend. Dich selbst nicht so wichtig zu nehmen und die Bedürfnisse der anderen vor Deine eigenen zu stellen, scheint gut angesehen zu werden und verschafft Dir nebenbei selbst ein reines Gewissen, weil Du Gutes tust. Vielleicht erhoffst Du Dir dadurch auch die Anerkennung von anderen. All das sind sicherlich keine verwerflichen Bestrebungen, die letztlich auch unsere Gesellschaft zusammenhalten und für ein soziales Miteinander sorgen. Dennoch geht dabei nicht selten die elementare Fürsorge, nämlich die für Deine Person, verloren oder wird zumindest vernachlässigt.

Dir bewusst Zeit einzuräumen, für die eigenen Belange, wenn doch Familie, Arbeitsumfeld, Freunde oder andere Verpflichtungen dringend nach Dir verlangen, das klingt schon fast nach purem Egoismus, wollen doch die Bedürfnisse wichtiger Menschen in Deinem Leben oder Deines Jobs, der Dich ernährt und Dir ein Zuhause gibt, erfüllt werden. Doch was ist sie wirklich, die Selbstfürsorge? Ein neuer Trend der Generation Y, die unter dem Deckmantel der Selbstfürsorge nichts anderes möchte, als eigenen Interessen nachzugehen und sich jeglicher Verantwortung zu entziehen? Ein Marketing-Buzzword mit dem teure Wellness-Wochenenden, schicke Yoga-Klamotten oder andere Luxusgüter noch ein bisschen teurer verkauft werden können?

Was bedeutet Selbstfürsorge?

Wenn Du das Wort Selbstfürsorge hörst, denkst Du vielleicht an schöne Fernreisen, Massagen, Wellness-Wochenenden, ein Schaumbad oder mal schick essen gehen. All das kann natürlich auch zur Selbstfürsorge gehören, ist aber nicht unbedingt das, was damit im Kern gemeint ist. Selbstfürsorge muss keine lang geplante oder teure Auszeit sein. Du musst dafür nicht in Yoga Klassen gehen oder Dich aufs Meditationskissen setzen. Sie muss sich ebenso wenig über mehrere Stunden oder Tage erstrecken oder eine Investition voraussetzen. Vielmehr fängt das Sorgen um die eigenen Belange bereits im Kleinen an: die eigenen Bedürfnisse (er)kennen, wahr- und ernst nehmen, Emotionen richtig einordnen und regulieren, auf die Zeichen des eigenen Körpers achten und für ein ausgewogenes Niveau an Aktivität und Entspannung im eigenen Leben sorgen.

Warum ist Selbstfürsorge wichtig?

Jeder Mensch hat ein ganz individuelles Energie-Level. Es gibt Verpflichtungen, die es zu erfüllen gilt, die jedoch nicht unbedingt positiv auf Dein Energie-Konto einzahlen. Für diese Tätigkeiten benötigst Du also genügend Puffer, um sie verrichten zu können. Stell Dir dieses Konto wie eine Bilanz vor: Du zahlst darauf ein und gibst etwas davon aus. Ist sie im Plus, fühlst Du Dich gut, ist sie im Minus, fühlst Du Dich erschöpft. Um Deine mentale und körperliche Gesundheit aufrecht zu erhalten, in Balance zu sein und Dein Wohlbefinden zu stärken, ist es elementar, dass Du Deine Bilanz im Blick behältst. Temporär kannst Du ins Minus gehen, aber langfristig können Erschöpfung, innere Leere, Freudlosigkeit bis hin zu Depression die Folge sein.

Selbstfürsorge ist wie Wasser, das wir in einen Krug füllen. Wenn das Gefäß voll ist, sodass es beinahe überläuft, kann es den Durst vieler Menschen löschen. Das ist nur dann dauerhaft möglich, wenn der Krug immer wieder neu befüllt wird. Ist er leer, dann verdursten auch die Menschen, die auf ihn als Wasser-Quelle angewiesen sind.

Lisa Staudt

Wie kann ich Selbstfürsorge praktizieren?

So individuell die Bedürfnisse eines jeden Menschen sind, so individuell ist auch Deine Selbstfürsorge.

Neben den Basics, wie gesund und regelmäßig essen, viel Wasser trinken, genügend und gut schlafen, Bewegung und Entspannung kann Dein eigener Selbstfürsorge-Plan gänzlich anders aussehen, als der Deiner Freundin, Deines Freundes, Deines Partners oder anderer Menschen in Deinem Leben. Wichtig ist eine gute Balance zwischen Aktivität und Entspannung in Deinem Leben zu schaffen. Wer beispielsweise im Job viel zu tun hat und nur auf Trab ist, der*die sollte sich in der Freizeit nicht auch noch alles verplanen und ständig in Bewegung sein. Dann gilt es, sich entsprechende Ruhepausen zur Regeneration zu gönnen und auch einfach mal nichts zu tun. Niksen, der Trend aus den Niederlanden, der nichts weiter bedeutet, als sich hin und wieder Zeit einzuräumen, in der man überhaupt nichts macht, ist sicher für jede*n eine gute Wahl. Niksen ist noch nicht einmal meditieren. Es ist sitzen oder liegen und die Gedanken schweifen lassen. Das kann unglaublich kreative Prozesse in Gang bringen und wirkt, regelmäßig praktiziert, entspannender und nachhaltiger als 2 Wochen Urlaub.

Wenn Du Interesse hast, Deine Selbstfürsorge genauer anzusehen und zu identifizieren, wo Deine größten Herausforderungen und Chancen liegen und Du darüber hinaus Deinen individuellen Selbstfürsorge-Plan entwickeln möchtest, dann begleite ich Dich gerne auf diesem Weg in einem persönlichen Glücks-Training zur Selbstfürsorge im Alltag.

Individuelles Selbstfürsorge Training

Das erwartet Dich:

  • Du bekommst den Raum und die Zeit Deine aktuelle Situation zu schildern und Deine Wunschvorstellung zu skizzieren.
  • Wir identifizieren die größten Hürden und Herausforderungen, die der Selbstfürsorge im Weg stehen. Dabei können wir schon mögliche Potentiale erkennen.
  • Evaluierung der Selbstfürsorge in diversen (Lebens)Bereichen.
  • Selbstfürsorge-Plan: Wie kann Deine individuelle Selbstfürsorge aussehen?
  • Entwicklung eines kurz- und langfristigen Plans, der zu Ihren Bedürfnissen passt.

Das Training dauert ca. 120 Minuten und wird mit 80€ pro Stunde abgerechnet. Du erhältst neben dem Training Unterlagen zum Thema Selbstfürsorge, die Du mit nach Hause nehmen und dort immer wieder zur Hand nehmen kannst, um Deine Selbstfürsorge zu stärken.

Positive Psychologie

Die Positive Psychologie ist eine relativ neue Strömung, die als Ergänzung zur klassischen Psychologie gesehen werden kann. Im Gegensatz zur traditionellen, defizitorientierten Psychologie, die versucht die Entstehung psychischer Störungen zu erforschen, zu erklären und Heilungswege aufzuzeigen, hat es sich die positive Psychologie zur Aufgabe gemacht empirisch zu untersuchen inwieweit sich Wohlbefinden und Glück auf uns Menschen und die Gesellschaft auswirkt und welche Faktoren hierzu beitragen.

Wegbereiter der positiven Psychologie

Die positive Psychologie hat ihren Ursprung in den 50er Jahren. Es war Abraham Maslow, humanistischer Psychologe, der erstmals die Wichtigkeit der Potentialentfaltung und Selbstverwirklichung des Menschen postulierte und den Begriff der positiven Psychologie verwendete (vgl. Blickhan (2018) S.9). Durch seine Maslowsche Bedürfnispyramide ist er wohl auch heute noch den meisten bekannt. Diese findet Verwendung in den unterschiedlichsten Bereichen – von wirtschaftlichen bis hin zu sozialen Umfeldern. Die Pyramide bildet die Hierarchie der menschlichen Bedürfnisse ab. Zunächst müssen die Grundbedürfnisse erfüllt sein, bevor wir nach der Erfüllung der nächsthöheren Bedürfnisse streben. Physiologische Bedürfnisse wie Hunger oder Durst sind uns also wichtiger als unsere Sicherheit.

Maslowsche Bedürfnispyramide

Erst wenn alle darunter liegenden Bedürfnisse erfüllt sind, strebt der Mensch nach Selbstverwirklichung. Dies lässt sich auch mit der Ausschöpfung des eigenen Potentials beschreiben. Dies wiederum ist eine der Zielsetzung der angewandten positiven Psychologie.

Neben Maslow zählt auch der Psychologe Michael Fordyce zu einen der Pionieren der positiven Psychologie. Er hatte den Anspruch Glück empirisch zu erforschen und sah „Happiness“ als angewandte Wissenschaft an. Auf Basis seiner Untersuchungen formulierte er 14 Grundsätze des Glücks, die Handlungsempfehlungen geben, wie man mehr Glück im eigenen Leben kultivieren kann. Diese resultieren aus der Erforschung was einen glücklichen Menschen ausmacht, welche Verhaltens- und Denkweisen sie an den Tag legen.

Positive Psychologie als Wissenschaft

Martin Seligman begründete 1998 die positive Psychologie als Ergänzung zur klassischen Psychologie, die sich mit den pathologischen Störungen des Menschen beschäftigt (vgl. Blickhan (2018) S.9). Mit seinem PERMA-Modell erklärt Seligman welche fünf Faktoren, die ein glückliches und gelungenes Leben ausmachen:

Positive Emotions: positive Emotionen wie Glück, Liebe, Freude, Optimismus

Engagement: seine eigenen Stärken kennen und diese im Alltag nutzen

Relationships: innige und nährende Beziehungen zu Mitmenschen

Meaning: dem Leben einen Sinn geben, seinen Lebenssinn kennen

Accomplishment: Leistung – Erfolgserlebnisse haben & Ziele erreichen

Für letzteren Faktor sind sogenannte „Flow-Zustände“ förderlich. Der Begriff wurde vom Flow-Forscher Mihály Csíkszentmihályi geprägt. Er untersuchte das Phänomen der vollkommenen Konzentration und Fokussierung auf eine Tätigkeit. Ein Zustand während dem selbst physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder der Drang auf die Toilette zu gehen vergessen werden. Je öfter wir im Flow sind, umso glücklicher und erfolgreicher werden wir. Somit ist dies erstrebenswert, um unsere Ziele zu erreichen und zufriedenstellende Erfolgserlebnisse zu haben.

Zahlreiche Modelle und Theorien, die Wohlbefinden untersuchen und beschreiben wollen wurden und werden durch unterschiedlichste Ansätze erstellt. Es werden Denkgewohnheiten untersucht, die zu unserem Glück beitragen, aber auch das Selbstbild als Konstrukt oder die Beschaffenheit sozialer Beziehungen, welche die Hauptquelle unseres Wohlbefindens darstellen. Der Umgang mit Stress und Herausforderungen ist ein ebenso elementares Forschungsfeld, wie die Neuropsychologie oder die Untersuchung bestimmter Populationen.

Positive Psychologie in der Praxis

All die wissenschaftlichen Entdeckungen und Untersuchungen finden bereits seit einigen Jahren Anwendung in der Coaching Praxis, aber auch im Business Kontext oder in der Psychotherapie. Im Bereich der Angsstörungen und Depressionen konnten bereits nachhaltigere Erfolge erzielt werden, als mit herkömmlichen Behandlungsmethoden, die sich lediglich darauf konzentrierten die Störung zu beheben, nicht aber neue, glücksbringende Aspekte in die Behandlung mit einbezog. Die positive Psychologie kann präventiv eingesetzt werden, um das Auftreten psychischer Störungen zu vermeiden oder ein erneutes Einsetzen einer Tiefphase zu verhindern. Zudem eignet sie sich bestens, um das Wohlbefinden zu steigern und das volle Potential auszuschöpfen und zu leben. Glückliche Menschen sind gesunde Menschen und jeder hat das Recht auf persönliches Glück und Wachstum. Dafür bietet uns diese Wissenschaft die besten Grundlagen und Ideen, wie wir selbst unser eigenes Glück schmieden können.

Quellen: